Lassen Sie uns ohne die Verwendung spezieller Fachbegriffe herausfinden, was Agilität ist, warum sie benötigt wird, woraus sie besteht und mit welchen Werkzeugen sie wichtige Ziele erreicht.
Im Duden-Wörterbuch gibt es mindestens zwei Synonyme zum Begriff „Agilität“: Wendigkeit und Gewandtheit. Das heißt, um agil zu sein, müssen Sie in der Lage sein, sich schnell und gewandt zu bewegen, und im übertragenen Sinne auch schnell zu denken. Scheinen ja auch nützliche Eigenschaften zu sein, besonders im Geschäftsleben. Es gibt weltweit immer weniger Branchen, in denen Unternehmen ohne Wettbewerber am Markt existieren. Außerdem macht es die Geschwindigkeit des Kopierens oder auch Plagiierens von Produkten praktisch unmöglich, etwas auf den Markt zu bringen und sich dann für die nächsten Jahre auf seinen Lorbeeren auszuruhen. Ohne die Fähigkeit zur schnellen Anpassung an Veränderungen wird es immer schwieriger, im weltweiten Wettbewerb zu überleben.
Agilität im Unternehmen
Agilität ist ein Sammelbegriff für verschiedene Methoden und Ansätze des Managements, die…:
- … ein Team auf die Bedürfnisse und Ziele der Kunden fokussieren
- … die Organisationsstruktur und -prozesse vereinfachen
- … Arbeit in kurzen Zyklen anbieten
- … Feedbackschleifen aktiv nutzen
- … die Befugnisse der Mitarbeiter erweitern
- … auf einem humanistischen Ansatz basieren
- … keinen Endzustand beschreiben, sondern eine Denk- und Lebensweise
Eigentlich kein Hexenwerk, oder? Lassen Sie uns doch die Punkte einmal durchgehen und sehen, warum das wichtig ist, um schnell und flexibel zu sein.
Konzentration auf die Bedürfnisse und Ziele der Kundschaft
Unternehmen, die sich auf die Kunden fokussieren, können deren Bedürfnisse besser befriedigen als Konkurrenten, das sollte Basiswissen sein. Interessanter ist es aber zu verstehen, welche Werkzeuge, welche Tools dabei helfen, dies zu erreichen.
Am wichtigsten ist, dass die Kundenzentrierung nicht nur im Kopf des Geschäftsinhabers vorhanden sein muss, sondern bei allen, die an der Erstellung eines Produkts oder einer Dienstleistung im Unternehmen arbeiten. Jeder Prozessbeteiligte muss verstehen, wer der Kunde ist, was er will, welche Probleme mit dem Produkt gelöst werden, was dieser liebt, wovor er Angst hat und so weiter. Ein solcher Fokus ermöglicht es Ihnen als Unternehmen, bessere Lösungen für Kunden zu schaffen. Wenn Mitarbeiter die Ziele des Kunden verstanden haben, fangen sie oft an, wunderbare Ideen zu entwickeln. Gemeinsame Produktentwicklungssitzungen bekommen eine neue Qualität. Ideen von Kollegen werden ausgebaut und verfeinert, es wird sich gegenseitig ergänzt. Und natürlich, die spätere Umsetzung wird auch deutlich einfacher, wenn alle mit im Boot sind.
„Werkzeuge“ für solche Arbeit sind in diesem Fall kurze, aber intensive Sitzungen. Diese Meetings dienen dazu, das Verständnis und die Fokussierung zu verbessern: Alle Teilnehmer der Sitzungen sollen verstehen, was sie tun, warum sie es tun und vor allem, warum es für den Kunden wichtig ist. Das Workshop-Format garantiert im Gegensatz zu langweiligen Präsentationen auch meist eine stärkere Einbindung und nicht zuletzt eine deutlich gestiegene Motivation aller Teilnehmer.
Vereinfachung der Aufbau- und Ablauforganisation
Ein Eckpfeiler der Agilität ist ihre extreme Einfachheit. Das bedeutet: Die Organisationsstruktur des Unternehmens und die Prozesse, nach denen die Menschen arbeiten, sowie die Regeln sollten so einfach wie möglich sein. Dadurch können sich die Menschen auf ihre Arbeit konzentrieren, auf den Wert, den sie schaffen, und nicht auf die Einhaltung von Vorschriften und Regeln. Großartige Beispiele für diesen Ansatz finden sich in vielen Teams, die mit „Scrum“ (englisch für „Gedränge“) arbeiten. Scrum ein Vorgehensmodell des Projekt- und Produktmanagements und eine der beliebtesten Methoden, agile Workflows zu organisieren. Merke: Je größer die Organisation, desto größer der Vorteil dieser Einfachheit, denn Komplexität wächst exponentiell. Und Agilität ist ein hervorragender Weg, diese Komplexität zu überwinden oder zumindest ihr ungehemmtes Wachstum einzudämmen.
Arbeiten mit kurzen Entwicklungszyklen
In der agilen Welt ist es nicht üblich, sich drei Jahre in einer Werkstatt einzusperren, um im stillen Kämmerlein etwas Interessantes zu entwickeln. Das Risiko ist einfach sehr groß, unfassbar viel Kraft und Zeit für etwas aufzuwenden, das niemand braucht. Um dies zu vermeiden, wird der sogenannte „iterative Ansatz“ angewendet. In der Praxis bedeutet das:
- Arbeiten werden in kleinen festen Zeiträumen durchgeführt, etwa in einem Zeitraum von einer, zwei oder vier Wochen. Wichtig: Am Ende eines jeden Zeitraumes entsteht nicht etwa irgendein Zwischenergebnis auf dem Weg zur finalen Umsetzung. Vielmehr entsteht jeweils eine zwar kleine, abgespeckte, aber trotzdem brauchbare Version des Produktes, mit der man schon loslegen könnte.
- Ein weiterer Vorteil dieses Ansatzes ist neben dem frühen Markteintritt und der Durchführung von Änderungen in den frühen Phasen, die Möglichkeit, den Fortschritt in der Entwicklung genauer zu messen.
Aktive, systemische Nutzung von Feedback
Achtung: Dieser Punkt ist der wichtigste für jeden Prozess. Er ermöglicht es Ihnen, Ihre Arbeit Schritt für Schritt basierend auf den Erfahrungen aus den Feedbackschleifen anzupassen. So lassen sich Fehler reduzieren und bei Bedarf etwas Nützliches hinzuzufügen.
Das gilt für jeden Bereich, der mit der Entwicklung von etwas Neuem zusammenhängt. Immer wird mit Hilfe von Experimenten oder Versuchen gearbeitet. Ob Raketentechnik, Flugzeugbau, Pharmazie, Physik, Medizin, Bauwesen, Psychologie, Wirtschaftswissenschaften – in jedem Bereich machte Versuch klug. Wurden aus misslungenen Experimenten zielführende Erkenntnisse gewonnen, die dazu beitrugen, das Produkt oder die Idee voranzubringen…
Agilität bedeutet in jedem Fall eine systematische Anwendung dieses Ansatzes: bei der Erstellung eines Produkts – wir bringen es auf den Markt oder zeigen es dem Kunden oder führen Tests durch und verwenden Feedback, um es zu korrigieren. Aber auch in Entwicklungsprozessen – in regelmäßigen Abständen „stoppen“ wir die Arbeit, um den Prozess an sich zu analysieren, um ihn zu verbessern. Verluste und Probleme werden beseitigt und tragen damit sogar zum Aufbau der Organisationsstruktur und zur Feinabstimmung der Beziehungen innerhalb eines Teams bei.
Befähigung der Mitarbeiter durch Agilität
Warum sollte mehr Befugnisse geben, wenn Sie auch ein Blatt Papier mit Anweisungen geben können? Dafür gibt es mindestens drei Gründe:
- Erstens fühlen sich Menschen, die sich mit geistiger Arbeit beschäftigen, nicht gerne wie Affen – naja, oder Roboter. Das bedeutet, wenn wir einer Person die Fähigkeit nehmen, Entscheidungen zu treffen, nehmen wir ihr die geistige Arbeit an sich weg. Und das ist definitiv demotivierend – für die meisten jedenfalls….
- Zweitens übertragen wir mehr Verantwortung, indem wir mehr Befugnisse übertragen. So werden die Menschen gezwungen, zu lernen, Entscheidungen selbst zu treffen und vor allem Verantwortung für ihr Tun zu tragen. Es ist lang und hart, aber es lohnt sich. Seien Sie sicher, die Arbeit wird nicht eingestellt, wenn ein selbstorganisiertes Team auf ein unbekanntes Problem stößt – ganz im Gegenteil.
- Drittens ist es immer noch die Frage der Geschwindigkeit. Wenn eine Person ein Problem an einer Stelle selbst lösen kann, ohne jemanden zu fragen, verkürzt dies die Entscheidungszeit. Sie müssen die Frage nicht mehr “nach oben” weiterleiten und auf eine Antwort des Managements warten. Dieser Vorteil wird nicht so deutlich, wenn Sie nur drei Mitarbeiter haben, aber wenn Sie 30 oder 300 oder gar 3000 haben, dann wird es zu einem relevanten Faktor. In großen Organisationen, die auf rein hierarchischer Entscheidungsfindung aufgebaut sind, ist so entstehender „Sand im Getriebe“ durchaus üblich.
Humanistischer Ansatz
Warum Menschen wie Menschen behandeln, sollte heutzutage eigentlich keine Frage mehr sein? Die moralische Seite dieser Angelegenheit ist klar, aber welchen Nutzen bringt sie dem Eigentümer des Unternehmens?
Die Antwort ist ziemlich einfach. Eine motivierte Person investiert mehr in die Arbeit, und das Ergebnis wird schneller und besser. Und generell trägt eine angenehme Atmosphäre am Arbeitsplatz zum Vergnügen bei, dort zu arbeiten – auch das wird kaum jemand bestreiten wollen.
Und das Schöne an agilen Methoden ist, dass alle Schlüsselfaktoren für die Motivation eines Menschen für geistige und oder kreative Arbeit bereits vorhanden sind. Mit jeder Iteration, mit jedem „Sprint“ wird so ein Ziel gesetzt, welches das ganze Team erreichen will. So hat es auch die Möglichkeit zu entscheiden, wie genau das Ziel erreicht werden soll. Am Ende dieses Sprints schaut sich das Team an, was besser oder auch schlechter als zuvor geworden ist. Auf diese Art und Weise arbeiten die Menschen selbst bestimmt und zufriedener. Unter dem Strich stellen wir fest: Glückliche Menschen arbeiten besser, und agile Methoden helfen dabei, einen Prozess zu etablieren, in dem sich Menschen glücklicher fühlen. Und genau darum geht es: Menschen und die Art wie sie kommunizieren, sind wichtiger als alles andere.
Agilität ist kein Endzustand, sondern eine Denk- und Lebensweise
Wichtig ist zu verstehen, dass Agilität in der Regel der Weg ist, nicht das Ziel. Sie können Agilität nicht „implementieren“ und sich einfach entspannen. Wenn Sie diesen Weg wählen, werden Sie immer etwas Neues besser machen, ein anderes Problem lösen, eine andere Höhe erklimmen müssen. Alles bleibt in Bewegung, endlos. Schon allein deshalb, weil es kein ideales Verfahren oder Produkt gibt.