Die Digitalisierung basiert auf einer Reihe von Einflussfaktoren und diese finden sich in der Studie „Schlüsselfaktoren der Digitalisierung“ des Institute of Electronic Business (IEB), einem An-Institut der Universität der Künste Berlin, hervorragend beschrieben. Die insgesamt 32 Schlüsselfaktoren verteilen sich auf die vier großen Bereiche Technologie, Kommunikation, Gesellschaft & Politik sowie Wirtschaft & Arbeit. Der Schlüsselfaktor Connectivity / Netzanbindung, den wir Ihnen heute vorstellen möchten, kommt aus dem Bereich Technologie.
Netzanbindung
Ob morgens im Zug auf dem Weg zur Arbeit, in der Schlange im Supermarkt oder im Café, viele nutzen jede sich bietende Gelegenheit, um auf ihrem Smartphone oder Tablet ins Internet zu gehen, über Social Media Kontakte zu pflegen oder die Wettervorhersage abzurufen. Dass dies so scheinbar mühelos möglich ist, verdanken wir der zugrunde liegenden Technik. Der Rat der Internetweisen, ein Expertengremium, welches vom IEB einberufen wurde, trifft in der eingangs genannten Studie folgende Aussage: „Die technische Basis der digitalen Kommunikation ist unabdingbar: Ohne leistungsstarke, zuverlässige und hochverfügbare sowie bezahlbare Breitbandverbindungen (stationär und mobil) sind die meisten modernen digitalen Anwendungen kaum oder zumindest nicht in vollem Umfang nutzbar. Im Falle von „Connected Devices“ (Automobil, Smart TV) setzt diese Verbindung nicht einmal mehr die Zustimmung der Nutzer voraus.“
Welches Land hat das schnellste Netz?
Um gleich mit der Tür ins Haus zu fallen: Deutschland liegt in Sachen Internet-Geschwindigkeit basierend auf Breitbandtechnologie im internationalen Vergleich auf Platz 30 von insgesamt 50 gerankten Ländern (Quelle: https://www.speedtest.net/global-index). Singapur belegt Platz 1, Süd Korea Platz 3 und Litauen Platz 25. Geht es um die Verbindungsgeschwindigkeit mobiler Geräte, liegt Deutschland sogar auf Platz 45, weit hinter Norwegen (Platz 1), Süd Korea (Platz 3) oder Litauen (Platz 17). Die weltweit gemessene durchschnittliche Verbindungsgeschwindigkeit im Festnetz betrug im März dieses Jahres 57,9 Mbit/s. Im Vergleich hierzu betrug sie in der Bundesrepublik Deutschland 69,4 Mbit/s und in Singapur 199,6 Mbit/s (Quelle: https://www.it-daily.net/analysen/16102-internet-geschwindigkeit-weltweit-deutschland-auf-platz-25, aufgerufen 25.05.2019). Aber auch innerhalb von Deutschland gibt es große Unterschiede. So verfügt Hamburg über eine Breitbanddichte > 95 (Verfügbarkeit Mbit/s in %), während in strukturschwächeren Gebieten wie im Landkreis Rostock die Dichte bei > 10 – 50 oder weniger liegt (Quelle: https://www.bmvi.de/DE/Themen/Digitales/Breitbandausbau/Breitbandatlas-Karte/start.html).
Welche Technik ist die Beste
Die Internetgeschwindigkeit wird in Download- und Upload Geschwindigkeiten unterschieden. Die Download Geschwindigkeit bezieht sich auf die Schnelligkeit, mit der Daten aus einem entfernten System empfangen werden, etwa beim Surfen im Internet. Die Upload Geschwindigkeit ist die Schnelligkeit, mit der Daten an ein entferntes System gesendet werden, etwa bei Videokonferenzen. Breitbanddienste greifen entweder auf Glasfaserleitungen, Koaxialkabel, Kupfertelefonleitungen, terrestrische drahtlose Systeme (Antennenstandorte/Funktürme) oder Satelliten zurück. Die Glasfaser hat dabei die höchste Download Geschwindigkeit und ermöglicht die höchste Upload Geschwindigkeit. Der Ausbau des neuen 5G Technologie erfordert eine Glasfaserinfrastruktur (Quelle: https://www.eca.europa.eu/Lists/ECADocuments/SR18_12/SR_BROADBAND_DE.pdf).
Netzneutralität
Mit Netzneutralität ist grundsätzlich gemeint, dass Datenmengen egal welcher Art bei ihrer Übertragung durch Internetdienstanbieter gleich behandelt werden. Bestimmte Regularien sollen verhindern, dass bestimmte Seiten im Netz bevorzugt transportiert werden und bei anderen der Zugang verlangsamt wird. Prinzipiell ist darin die Grundlage eines freien Internets zu sehen. Es gibt allerdings nicht zuletzt wirtschaftlich motivierte Bestrebungen die Netzneutralität aufzuheben.
Ausblick
Deutschland hinkt in Sachen Netzanbindung vielen europäischen Nachbarländern wie der Schweiz, Luxemburg oder den Niederlanden hinterher. Gefordert wird ein breiterer Ausbau des Glasfasernetzes. Es gibt Stimmen, die beklagen, dass die Bundesregierung als Anteilseigner der Telekom mit am langsamen Ausbau des Glasfasernetzes schuld sei (Quelle: https://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/breitband-ausbau-warum-ist-das-internet-in-deutschland-so-langsam-a-1211511.html). Sie unterstütze die Forderung von Lobbyisten der Telekom, dass sich zunächst die Kupfernetze amortisieren müssten. Mithilfe des sogenannten Vectoring werden alte Kupferkabel aufgepeppt, anstatt neue Glasfaserleitungen zu verlegen. Glasfaserleitungen gelten jedoch als das Nonplusultra, wenn es um die Verbesserung der Übertragungsgeschwindigkeit geht. Die Bundesregierung hatte für 2025 ein lückenloses Breitbandnetz angekündigt (Quelle: https://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/breitband-internet-in-deutschland-eu-rechnungshof-zweifelt-an-verwirklichung-a-1211283.html). Dieses Ziel lässt sich jedoch mit der jetzigen Strategie des Vectoring voraussichtlich nicht erreichen, wie der Europäische Rechnungshof es in einem Bericht festgestellt hat (Quelle:https://www.eca.europa.eu/Lists/ECADocuments/SR18_12/SR_BROADBAND_DE.pdf). Die Bundesregierung wäre gut beraten, auf die im Vergleich zu Kupfer kostenintensivere, aber wesentlich leistungsstärkere Glasfaser zu setzen. Schließlich ist der wirtschaftliche Erfolg der deutschen Unternehmen nicht zuletzt auch davon abhängig, mit welcher Geschwindigkeit Daten übertragen werden können. Man darf gespannt sein, ob der jüngst ins Leben gerufene Digitalrat hier Abhilfe schaffen kann (Quelle: https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/digital-made-in-de/der-digitalrat-experten-die-uns-antreiben-1504866). Die Netzneutralität sollte gewahrt werden, für die Bürger sollte das Internet ein frei zugängliches und offenes Medium bleiben.
Die Chancen und Herausforderungen des Schlüsselfaktors Netzanbindung auf einen Blick:
Chancen
Ständige Verfügbarkeit von Internetverbindungen ist für viele Menschen längst Alltag, durch fallende Kosten und zunehmende Verbreitung von offenen WLAN-Hotspots. Dadurch erhöht sich die Menge nutzbarer Anwendungen und Services erheblich. Die Netzneutralität dient dazu, die allgemeine Connectivity zu sichern.
Herausforderungen
Die Wahl zwischen „online“ und „offline“ entfällt in vielen Fällen; dabei ist die Infrastruktur darauf noch nicht in jedem Fall ausgelegt: ob durch schwache Leitungen in ländlichen Gebieten oder durch überproportional hohe Kosten im Mobilbereich.