Was sind (digitale) Disruptionen und welche massiven Auswirkungen üben sie auf unser wirtschaftliches und gesellschaftliches Umfeld aus? Ein Beispiel soll uns helfen:
Die disruptive Innovation der digitalen Fotografie
Der Filmhersteller Kodak ist ein Paradebeispiel dafür, wie sich ein Unternehmen in kürzester Zeit vom Marktführer zum Außenseiter in seiner Branche entwickeln kann. Das 1892 gegründete Kodak galt lange Zeit als Inbegriff der Fotografie. Denn Kodak war es mit der Kamera “Brownie” erstmals gelungen, das Fotografieren einer breiten Masse zu einem fairen Preis und mit einfacher Bedienung zu ermöglichen. Über 100 Jahre lang wurde Kodak zu einem Filmimperium aufgebaut. Doch im Jahr 2012 dann die erschreckende Nachricht: „Kodak ist insolvent“. Der Grund lag klar auf der Hand: Das Kerngeschäft von Kodak, analoge Kameras und dazugehörige Filme, wurden von der disruptiven Innovation – auch als Disruption bekannt – durch die Entwicklung der Digitalkamera vom Markt gefegt. Die ursprüngliche Digitalkamera wurde zwar schon 1975 durch den Kodak-Mitarbeiter Steven Sasson erfunden, jedoch von der Geschäftsleitung viel zu lange nur als sogenanntes Nebenprodukt angesehen. Man konzentrierte sich lieber, aus Angst sich selbst den lukrativen Markt zu ruinieren, weiterhin auf das Kerngeschäft Analoge Kameras mit dem dazugehörigen Film. Das führte dazu, dass die Digitalkameras von Kodak von den Kunden nur als die Digitalkameras eines Fotofilmproduzenten wahrgenommen wurden. Andere Hersteller wie Canon, Nikon oder Olympus positionierten sich als Experten für Digitalkameras und verdrängten so Kodak vom Markt.
Wir stellen fest:
- Disruptionen verbessern nicht die Eigenschaften der etablierten Produkte, sondern es handelt sich in der Regel um völlig neue Produkte.
- Disruptionen erreichen zunächst nur eine kleine Zielgruppe von neuen Kunden, gewinnen jedoch in kurzer Zeit Massenmärkte und lösen etablierte Unternehmen mit ihren Geschäftsmodellen ab.
(Digitale) Disruptionen bedeuten disruptive Innovationen
„Disruptive Innovation“ tauchte als Begriff erstmals Mitte der 1990er Jahre im Buch „The Innovator’s Dilema“ Clayton M. Christensen auf, eines US-Wissenschaftlers an der Harvard Business School. Disruptionen sind aber keine Erfindungen des späten 20. Jahrhunderts, sie gab es auch schon früher – etwa die Ablösung des Segelschiffs durch das Dampfschiff, der Pferdekutsche durch das Auto oder der Schallplatte durch die CD und der CD durch das Streaming…
Disruption kommt von dem englischen Wort „disrupt“ für „zerstören“, denn disruptive Innovationen zerstören den Erfolg bereits bestehender Geschäftsmodelle, Technologien, Produkte oder Dienstleistungen. In der Regel werden Disruptionen von Außenseitern des Marktes oder Start-ups entwickelt und seltener von bestehenden marktführenden Unternehmen. Das Geschäftsumfeld der Marktführer lässt dies oft nicht zu. Diese müssen schnell neue Produkte oder Dienstleistungen auf den Markt bringen, um sich gegen die Konkurrenz behaupten zu können. Die Entwicklung einer disruptiven Innovation dauert oft länger als die Verbesserung des bestehenden Angebots und zusätzlich ist das Risiko eines Flops höher. Disruptive Innovationen haben jedoch die Chance, den Markt durch ein exponentielles Wachstum zu durchdringen und grundlegend zu verändern.
Wie wir digitale Disruptionen erkennen – sieben klassische Muster
Im Zuge der Digitalisierung verändern sich Märkte immer schneller und umfassender. Im Buch „Digital Disruption – wie Sie Ihr Unternehmen auf das digitale Zeitalter vorbereiten“ haben wir sieben klassische Muster entdeckt, wie sich Märkte durch digitale Disruptionen radikal verändern. Hier eine kurze Übersicht:
- Exponentielle Entwicklung
Disruptionen erobern den Markt, wenn durch ihre Entwicklung ein exponentielles Wachstum möglich ist. Die SMS hat auf dem Telekommunikationsmarkt 20 Jahre für ein Volumen von 20 Milliarden US-Dollar gebraucht, Whatsapp schaffte dies in nicht einmal 2 Jahren.
- Kombinatorik der Innovation und Auflösung von Branchengrenzen
Häufig werden Geschäftsmodelle einer Branche in eine andere übertragen. Die Digitalisierung führt dazu, dass sich die Erfolgsfaktoren in den einzelnen Branchen kaum mehr unterscheiden. Was bei Unternehmen im Beherbergungsmarkt bei Airbnb funktioniert, lässt sich ebenso auf Uber im Beförderungsdienstleistungssegment übertragen.
- “The Winner takes it All“
Dieses Muster beschreibt das Phänomen, dass Netzwerkeffekte häufig zur Monopolstellung, auch Marktführerschaft, führen. Musterbeispiele sind die erfolgreichen Unternehmen WhatsApp oder Facebook. Je mehr Kunden oder Nutzer ein Anbieter hat, desto attraktiver ist das Angebot für andere.
- Tendenz zur Gratisökonomie
Dieses Muster lebt davon, dass es durch die Digitalisierung möglich ist, Produkte mit null Grenzkosten zu entwerfen. Das heißt es wird einmal produziert, jedoch erhöht jede zusätzlich produzierte Einheit die Kosten nicht. Anschaulich wird das bei einem Song der bei Spotify angeboten wird. Er wird einmal aufgenommen, auf die Seite hochgeladen, der Download einer zusätzlichen Datei führt jedoch nicht zu neuen Kosten. Durch die Digitalisierung werden disruptive Geschäftsmodelle wie Spotify möglich, bei denen die Nutzer nur mit ihren Daten bezahlen: Spotify, Youtube, Facebook und viele mehr!
- Minimale Transaktionskosten
Es entstehen neue Geschäftsmodelle, bei denen der Konsument selbst zum Produzenten werden kann („Prosument“). Durch neue Technologien können Nike-Kunden heute ihre eigenen nike-for-you-Schuhe zu geringen Transaktionskosten selbst produzieren lassen.
- Zugang zu Ressourcen statt Besitz und Eigentum
Digitalisierung und Vernetzung ermöglichen Disruptionen durch eine Zentralisierung der Kundenschnittstelle – das bedeutet, der Kunde nimmt das komplette Angebot vieler Anbieter über eine übergeordnete Plattform wahr. Heute sind viele Unternehmen erfolgreich, die wichtige Ressourcen zwar nicht selbst besitzen, aber diese anbieten können. Hätten Sie gewusst, dass das Unternehmen FlixBus in Deutschland lediglich einen einzigen Bus aus rechtlichen Gründen selbst besitzt? Trotzdem bieten sie eine Plattform für Fernbusreisen an, da sie mit einem großen Netzwerk an Busunternehmen zusammenarbeiten. Ebenso kann Airbnb zahlreiche Ferienwohnungen anbieten, die sie nicht selbst besitzen.
- Personalisierung und Dezentralisierung
Digitalisierung und Big Data helfen heutigen Unternehmen bei der individuellen Bestimmung von Kundenbedürfnissen. Dadurch werden neue disruptive Geschäftsmodelle durch personalisierte Produkte möglich. Wir erleben alle, dass wir auf einmal per E-Mail perfekt zu uns passende Produkte vorgeschlagen bekommen. In Online-Shops passt sich die Zusammenstellung der Produkte und die Inventargröße unseren Bedürfnissen an. Alles wird optimal auf uns zugeschnitten.
Was wir daraus lernen können:
Wir stellen fest: Wer heute Teil eines erfolgreichen Unternehmens ist, muss das morgen noch lang nicht sein. Heute ist auch für erfolgreiche Unternehmen wichtig, Innovationen zu fördern und zu beschleunigen. Klar, können gute Idee auch durch Zufall entstehen, dies ist jedoch nicht der Regelfall. Aber Kopf hoch! Auch Kreativität kann trainiert werden. Heute gibt es zahlreiche Methoden und Werkzeuge, die uns helfen, die bestehenden Denkmuster zu durchbrechen und damit neue Potenziale zu entdecken. Zusätzlich kann es helfen, rechtzeitig zukünftige Trends auf dem Radar zu haben. Wir helfen Ihnen gern dabei Anders zu Arbeiten.