Mit Seamless Commerce stellt von Neuem Ihnen heute einen weiteren Schüsselfaktor der Digitalen Transformation vor. Auf welche Weise vollzieht sich der Wandel von der analogen zur digitalen Welt in den Bereichen Technologie, Kommunikation, Gesellschaft & Politik sowie Wirtschaft & Arbeit? Welche Konsequenzen entstehen daraus für Organisationen, Unternehmen und den Handel? Besonders deutlich erleben wir die radikalen Veränderungen, die durch die Digitalisierung angestoßen werden, im Bereich des Seamless Commerce. Der Rat der Internetweisen stellte im Rahmen einer in 2018 herausgegebenen Studie des Institute of Electronic Business fest: „Mit der Allgegenwärtigkeit des Internets ist Konsum eine Tätigkeit, die unabhängig von Geschäftszeiten jederzeit und überall erledigt werden kann. So wird „E(lectronic) Commerce“ zu „Seamless Commerce“, der nahtlos sämtliche Vertriebskanäle umfasst – offline und online.“
Seamless Commerce – was bedeutet das?
Was aber genau verbirgt sich hinter dem Begriff „Seamless Commerce“? Der Handelsverband Deutschland liefert auf seiner Website folgende Definition: … Seamless Commerce, zu Deutsch nahtloser Handel, ist die Weiterentwicklung von Multi-Channel Strategien: Wenn aus Verbrauchersicht keine Unterscheidung zwischen online und offline besteht, Informations- und Kaufprozesse ohne spürbare Brüche bestehen und die Grenzen zwischen stationärem und Online-Handel verschwimmen, dann spricht man … Seamless Commerce. Es besteht der Anspruch, dass der Verbraucher in jeder Phase des Informations- und Kaufprozesses problemlos von offline zu online und andersherum wechseln kann und dabei keine Verluste beim Einkaufserlebnis entstehen. Beispiele sind virtuelle Anproben, Bezahlen per Gesichtserkennung etc., welche Brücken bauen und vermeintliche online oder offline Handlungen in die jeweils andere Welt übertragen.“ (Quelle: https://einzelhandel.de/onlinebegriffe). Viele Kunden kaufen mittlerweile ganz spontan und häufig auch vom Smartphone aus. Viele Händler setzen daher auf eine Multitouchpoint-Absatzstrategie und gestalten sowohl das Filialgeschäft, als auch die Online-Präsenz so attraktiv und kunden- bzw. nutzerfreundlich wie möglich.
Der Trend geht zum Online-Shopping
Die Kunden von heute legen beim Shoppen ein sehr unterschiedliches Research-Online, Purchase-Offline Verhalten, kurz: RoPo-Verhalten, an den Tag. Recherchierten und kauften in 2015 noch 38 % aller Kunden ein Produkt offline, so werden es in 2019 nur noch 34 % sein. Der Trend geht zur Online-Recherche und zum Online-Shoppen: In 2015 taten dies 45 % aller Kunden, in 2019 sind es bereits 49 % und im Jahr 2021 werden ca. 56 % aller Kunden so einkaufen. Aktuell recherchieren und kaufen die Kunden vermehrt online in den Branchen Bankprodukte (52 %), Klein-Elektronik (54 %), Literatur (54 %) Eintrittskarten (63 %) Musik und Telekommunikation (je 69 %), Bahnreisen (73 %), Mietwagen (74 %), Flugreisen (76 %) sowie Stromverträge und Hotelbuchungen (je 78 %). Im Jahr 2015 orderten im Bereich Essen (Take away) 38 % der Menschen ihr Essen online, in 2021 werden es bereits 56 % sein, ein signifikanter Anstieg. Im Jahre 2021 werden fast doppelt so viele Menschen ihre ÖPNV Fahrkarten online kaufen wie in 2019. In der Taxibranche und dem Ride Sharing werden immer mehr Menschen ihre Transportgelegenheit online bestellen, auf dieser Branche lastet ein hoher Transformationsdruck. Auch ihre Bekleidung werden immer mehr Menschen online bestellen (50 % in 2021). Lebensmittel jedoch werden die Menschen nach wie vor am liebsten im Supermarkt einkaufen und stellen dafür auch kaum Online-Recherchen an. Bestimmt wird das Einkaufsverhalten (nach Ajzen, 1991) von Sozialen Normen (Online-Shoppen ist in!), vom erwarteten Nutzen (Zeitersparnis, bessere Auswahl, Geldersparnis, bessere Vergleichsmöglichkeiten) und von der erwarteten Einfachheit (Online-Shoppen erfordert wenig Aufwand, es ist jederzeit möglich). Orientiert man sich an diesen statistischen Aussagen und den psychologisch unterbauten Kauf-Motiven der Konsumenten, so müssen immer mehr Branchen ihre Online-Präsenz stark ausbauen.
Die Kundenzufriedenheit ist oberstes Gebot
Kunden möchten rund um die Uhr, im Geschäft oder ortsunabhängig online Produkte erwerben können. Die Grenzen zwischen stationärem Handel und M-Commerce, also dem Verkauf über mobile Endgeräte sind fließend und das sogenannte Omnichanneling ist angesagt. Omnichanneling, der Handel über alle Kanäle hinweg, ist die Vision der Zukunft. Die Customer Journey, die Reise des Kunden oder anders ausgedrückt sein Kauferlebnis soll zum positiv besetzten Erlebnis werden, denn eine schlechte digitale Erfahrung kann weitreichende Folgen haben: Der Kunde kauft woanders, er berichtet anderen von seiner schlechten Erfahrung und Worst Case: Er postet seine Kritik online. Die Kundenzufriedenheit und das Eingehen auf die Kundenwünsche sind also oberstes Gebot.
Im Geschäft vor Ort wünschen sich Kunden vermehrt Selfservice-Kassen ohne Verkäufer, WLAN im Shop, digitale Kassenbelege per E-Mail, filialspezifische Apps u.v.m. Um die Kundentreue, bzw. die Markentreue der Kunden zu erhalten, dürfen die Unternehmen den Anschluss an die Konkurrenz in Sachen digitaler Auftritt nicht verpassen. Ganz oben für die Kunden steht dabei, dass die aufgerufenen Apps und Websites schnell laden und ein ansprechendes Design haben. Gut und schnell funktionierende Reklamationswege, auch via Chatbot sind ein Muss. Sie wünschen sich Apps, die im Netz entdeckte Möbelstücke via Augmented Reality und Künstlicher Intelligenz virtuell in ihre Wohnung bringen oder möchten Kleider virtuell anprobieren. Sie möchten mit ihrem Lieblingsgeschäft auf Instagram verbunden bleiben und wünschen sich kreative Shop Konzepte.
Pop-Up Stores sind der letzte Schrei: Geschäfte, die ebenso schnell irgendwo auftauchen, wie sie wieder von der Bildfläche verschwinden. Und gerade die jüngere Kundschaft wäre begeistert, wenn die bestellte Ware von einer Drohne direkt vor die Haustür geliefert würde.
Ausblick
Vom nahtlosen Einkauf zum gläsernen Kunden ist es nur ein kurzer Weg. Amazon Prime bietet seinen Kunden Streaming-Dienste für Videos, Filme und Musik, rasche Lieferung aller bestellten Waren, Informationen über Verkaufsaktionen, bevor die übrigen Kunden diese erhalten sowie eine kostenlose Visakarte u. v m.. Kundenbindung par excellence und natürlich muss der Kunde, um all diese Services zu erhalten, sehr viele persönliche Informationen preisgeben. Amazon kennt das Kaufverhalten des Kunden, konfrontiert ihn mit seinen letzten Suchergebnissen und kann schlussendlich sicher auch dessen Zahlungsmoral einschätzen. Das Offenlegen privater Daten ist ein Opfer seitens der Verbraucher, welches auf dem Altar des Seamless Commerce dargebracht werden muss. Dafür aber kann der Verbraucher sich vom Anbieter umsorgt fühlen, erhält exakt auf sich zugeschnittene Werbung, digitale Gutscheine und andere Online-Belohnungen. Seamless Commerce, das bedeutet auf der einen Seite maximale Bequemlichkeit für den Kunden, auf der anderen Seite aber die Preisgabe vieler Daten – die ungeliebte, aber ebenso unabdingbare Voraussetzung dafür, dass die Customer Journey für den Kunden, aber auch für den Händler ein Erfolg wird.
Chancen
Kunden erhalten die Produkte, die sie wünschen, wann und wo sie gerne hätten – und werden damit noch unabhängiger von Öffnungszeiten und örtlicher Verfügbarkeit. Händler können bspw. in Zentrallagern ein breiteres Sortiment anbieten.
Herausforderungen
Die Vision des „gläsernen Kunden“ droht wahr zu werden: Wenn das gesamte Einkaufsverhalten über alle Kanäle hinweg bekannt ist, wird die Privatsphäre in empfindlicher Weise geschädigt.