Spätestens seit der Verabschiedung der Agenda 2030 der Vereinten Nationen ist der Begriff Nachhaltigkeit in aller Munde. Aus gutem Grund, denn Unternehmen sind nun dazu angehalten, ökologisch, sozial und wirtschaftlich nachhaltig zu handeln. Das Ziel ist klar: Um auch nachfolgenden Generationen ein wünschenswertes Leben zu ermöglichen. Doch wie steht es eigentlich um die Vergleichbarkeit von Unternehmen und die Messbarkeit von Nachhaltigkeit?
Messbarkeit für bessere Vergleichbarkeit
Zunächst stellt sich die Frage, warum Nachhaltigkeit überhaupt gemessen werden sollte. Die Antwort liegt auf der Hand – nur was gemessen wird, kann auch gesteuert werden. Und um das Nachhaltigkeitsmanagement eines Unternehmens erfolgreich zu gestalten, bedarf es einer zielgerichteten Steuerung relevanter Parameter. Betriebswirtschaftliche Kennzahlen können in diesem Zusammenhang genutzt werden. Sie dokumentieren die ökonomische Dimension der Nachhaltigkeit. Im Laufe der Geschäftsjahre oder durch eine Gegenüberstellung mit Kennzahlen anderer Unternehmen wird Nachhaltigkeit so vergleichbar. Die Herausforderung eines effektiven Nachhhaltigkeits-Controllings besteht darin, die ökologischen und sozialen Auswirkungen der Unternehmenstätigkeit sichtbar zu machen. Da es sich hierbei oftmals um Messgrößen handelt, die einer subjektiven Bewertung unterliegen, braucht man neue Maßstäbe und Kenngrößen, die einen chronologischen Vergleich ermöglichen. Und, innerhalb einer Branche oder Sektors als wegweisend gelten.
Nachhaltigkeitstandards für eine einheitliche Berichterstattung
Ein erster Versuch unternehmerische Tätigkeiten in puncto Nachhaltigkeit vergleichbar zu machen war die Einführung einiger Standards zur Berichterstattung. Gesetzlich geregelt wird zum einen welche Unternehmen zur Berichterstattung verpflichtet sind, zum anderen welche Inhalte betroffene Unternehmen berichten müssen. Weiter gibt es verschiedene branchenübergreifende Initiativen, wie etwa die Global Reporting Initiative (GRI) Die GRI unterstützt durch entwickelte Standards Unternehmen und Organisationen dabei, wichtige Fragen der Nachhaltigkeit zu beantworten. Unternehmen können, das aus 36 Modulen bestehende Werkzeug nutzen, um wesentliche, nichtfinanzielle Informationen über die eigene Geschäftstätigkeit zu dokumentieren, zu analysieren und für die Gesellschaft sowie andere Stakeholder offenzulegen. So können bei der Analyse ökologischer Themen Vermessungsergebnisse, wie etwa der CO2-Fußabdruck, ermittelt werden. Deutlich schwieriger gestaltet sich die Vermessung von Nichtdiskriminierung, wie sie der Standard GRI 405 unter dem Thema „Diversität und Chancengleichheit“ einordnet. Hier treffen wir erneut auf das Problem der Subjektivität, denn unterschiedliche Branchen fokussieren verschiedene Schwerpunkte, die wiederum von Unternehmen zu Unternehmen anders bewertet werden können.
Qualitative Unterschiede und das Problem der Subjektivität
Die Teilbereiche der Nachhaltigkeit sind groß, divers und nicht eindeutig voneinander abzugrenzen. Die Frage nach der Verantwortung eines Unternehmens kann deshalb in den wenigstens Fällen durch eine simple Lösung beantwortet werden. Ein Bespiel verdeutlicht die qualitativen Unterschiede: Ein Unternehmen unterhält ausländische Produktionsstätten. Es liegt nun in der Verantwortung des Unternehmens sowohl für die inländischen als auch ausländischen Mitarbeiter der Standorte gute Arbeitsbedingungen zu schaffen. Im Ausland ist das durchschnittliche Gehalt der Bürger möglicherweise um ein Vielfaches geringer, maximale Arbeitszeiten sind gesetzlich nicht festgelegt oder Menschen ab dem 14. Lebensjahr dürfen schon arbeiten. Sollte das Unternehmen diese Vorteile nun für sich nutzen oder in ein soziales Gleichgewicht investieren? Auf der anderen Seite stehen Kommunikationsunternehmen, die vielen Menschen einen Arbeitsplatz sichern, sogar umweltschonende Server zur Leistungserbringung nutzen, aber kaum Steuern zahlen. Welches Geschäft wirtschaftet somit nachhaltiger? Wir stoßen erneut auf das Problem der Subjektivität.
Wertschöpfung bedeutet mehr als finanzielle Werte schöpfen
Nachhaltige Unternehmen, wie etwa BASF, glauben die Lösung entdeckt zu haben. Wertschöpfung und damit das Konzept des Wachstums ist für sie schon lange nicht mehr rein finanzieller Natur. Der Value-To-Society-Ansatz des deutschen Chemiekonzerns dient als Steuerungssystem für nachhaltige Geschäftstätigkeiten und bewertet insbesondere die Auswirkungen dieser anhand monetärer Werte. Neben dem Nettogewinn werden auch Löhne, Gesundheit, Wasser- und Luftverschmutzung sowie Steuern zur Bewertung herangezogen. Entlang der gesamten Wertschöpfungskette werden den jeweiligen Auswirkungen monetäre Werte gegenübergestellt, wobei Faktoren der gesamten Lieferkette, der eigenen Produktion und der Kundenindustrien zunächst separat betrachtet werden. Die Erfolge oder Misserfolge des Nachhaltigkeitmanagements werden so für die Gesellschaft sichtbar und ermöglichen sowohl einen zeitlichen Ergebnisabgleich als auch einen Vergleich zu anderen Unternehmen. Im Zuge des Netzwerkes Value Balancing Alliance wird der Ansatz der BASF derzeit von verschiedenen Unternehmen und Institutionen weiter beobachtet.
Mehr Forschung für mehr Nachhaltigkeit
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat sich zum Ziel gesetzt, Nachhaltigkeit und Digitalisierung zusammen zu denken. Der Aktionsplan „Natürlich.Digital.Nachhaltig“ bezieht sich dabei auf die 17 Ziele zur nachhaltigen Entwicklung der Vereinten Nationen. Andere Initiativen, wie nachhaltig.digital oder Charta digitale Vernetzung konzentrieren sich bei ihrer Arbeit und Forschung besonders auf die Digitalisierung eines Unternehmens und welche Nachhaltigkeitsaspekte in diesem Zusammenhang beachtet und umgesetzt werden können. Die Arbeitsergebnisse der Initiativen liefern Erkenntnisse, die für kleine und mittelständische Unternehmen (KMU) sehr hilfreich sein können. Denn besonders für KMU stellen sowohl Nachhaltigkeits- als auch Digitalisierungsthemen noch immer eine große Herausforderung dar. Zu Beginn jeder Veränderung ist es unverzichtbar den aktuellen Ist-Zustand genau zu analysieren, um Maßnahmen zu treffen und Verbesserungen im Nachgang feststellen und bewerten zu können.