Ja, anders als etwa in der Gastronomie mit ihren derzeit geschlossenen Hotels, Restaurants und Biergärten könnten Marketing und Werbung doch eigentlich einfach so weitermachen wie bisher, könnten digitales Marketing oder online Werbung forcieren. Das haben die doch schon immer so gemacht. Eigentlich, denn auch die Werbebranche hat momentan mit den Folgen der Corona-Pandemie zu kämpfen. Globale Riesen wie Google oder Facebook erwarten Verluste in Milliardenhöhe. Vieles wird in Zukunft nicht mehr so sein, wie es einmal war. Deshalb wagen wir mal diese Zukunftsprognose: Mit diesen fünf Veränderungen werden Marketing und Werbung sicher rechnen können.
Die Pandemie macht sich deutlich bemerkbar. Unternehmen kürzen Werbeausgaben radikal oder stellen die Werbung ganz ein. Kein Wunder, gehen doch viele Werbemaßnahmen am Konsumenten vorbei, hat er doch oft genug mit der eignen Existenzrettung zu tun. Und wer gibt schon fürs Marketing Unsummen aus, wenn er nicht einmal genau weiß, ob und wie er in Zukunft seine Miete zahlen wird? Marketinggelder werden in solchen Fällen meist zuerst gestrichen – ob zu Recht oder nicht, bleibt natürlich die Frage. Selbst Facebook und Google erwarten Einbrüche bei den Werbeeinnahmen in Höhe von weit über 40 Milliarden US-Dollar.
Auch wenn mit digitalen Tools, wie etwa dem Trendradar, eine Vorausschau insbesondere für Unternehmen deutlich vereinfacht wird, ist eine Prognose gerade in dieser Zeit zumindest eine größere Herausforderung. Vor allem, weil wir uns in ein einer nahezu unerwarteten Situation befinden, die es so, wenn überhaupt, in den letzten 100 Jahren noch nicht gegeben hat. Durch die neuen Lebensumstände im „Lockdown“, „Im-bleib-Zuhause-Modus“, sind viele Dinge neben dem Homeoffice, die lange bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern keine große Priorität hatten, plötzlich das Maß aller Dinge geworden. Vom kontaktlosen Bezahlen per Smartphon, dem sog. „Mobile Payment“, über das Boomen von Netflix, Amazon Prime & Co. bis hin zum Höhenflug der Online-Lebensmittellieferdienste – hat das niemand so auf dem Schirm gehabt. Klar, Kinos und Restaurants sind ja überall geschlossen. Nicht zuletzt steigt der Einsatz von digitalen Technologien, wie Chat- oder Videocall-Tools, dramatisch an.
Doch jetzt sollte nicht die Zeit des Jammerns sein, sondern die Zeit des Wahrnehmens sich bietender Chancen – und derer gibt es einiger. Wie gesagt, Prognosen sind in Coronazeiten schwierig, aber wir wollen trotzdem mal einen kleinen Ausblick wagen.
Im traditionellen Marketing wir es wohl zu einer weiteren Stärkung des digitalen Moments kommen
Nahezu der gesamte Erdball ist mehr oder weniger von der Corona-Pandemie betroffen. Insbesondere in Asien, Europa und Nordamerika breitete sich Covid-19 in einer wahnsinnigen Geschwindigkeit aus. Das Leben der Kundinnen und Kunden war über Nacht ein anderes geworden. Prioritäten lagen zunächst auf Erhalt und Schutz der Gesundheit. Wirtschaftliche Aspekte mussten zurücktreten. Mit oft verheerenden Folgen für die Marketing-Aktivitäten der Werbetreibenden. Nahezu über Nacht wurden Kampagnen beendet, Events abgesagt und Markteinführungen verschoben.
Hier gibt es eindeutige Vorteile für digitale Kampagnen, kann man sie doch schnell und flexibel neuen Gegebenheiten anpassen. Bei traditionellen Kampagnen ist das deutlich schwieriger und mit hohen Kosten verbunden. Mit großem Vorlauf vorproduzierte und gebuchte Außenwerbung-, Print- und TV-Werbung wird der Not gehorchend meist noch gehängt bzw. geschaltet. Eine nicht unerhebliche Verschwendung von Geld und Zeit – geht Werbung momentan doch häufig an den Bedürfnissen der Konsumentinnen und Konsumenten vorbei.
Die Veröffentlichung ihres neusten James-Bond-Streifens „Keine Zeit zu sterben“ zu verschieben, hat weitreichende Folgen für die MGM-Studios. Experten gehen von einem Verlust von etwa 30 bis 50 Millionen US-Dollar alleine durch verschwendete Werbemittel aus – nicht zuletzt inklusive der Kosten für den Super-Bowl-TV-Spot der 4,5 Millionen US-Dollar gekostet hat.
Die durch das Coronavirus bedingten Einschränkungen konnten andere Unternehmen online deutlich flexibler abfedern. Mit Live-Streams, Podcasts, Webinaren oder auch Virtual-Reality-Erlebnisse hielten sie auch durch personalisierte Werbung weiter Fühlung mit ihren Kundinnen und Kunden. Manche verwandelten die Krise auch zu ihrem Vorteil, so konnte Disney etwa die Markteinführung des neuen Streaming-Dienstes „Disney+“ in Europa vorziehen.
Traditionelles Marketing bleibt entscheidend für den Aufbau einer Marke, für die Markenentwicklung. Die Corona-Pandemie und ihre Folgen zeigen jedoch, dass digitales Marketing diese Rolle hervorragend ergänzen kann. Denn es ist oft günstiger, schneller und in einigen Anwendungsgebieten sogar effektiver.
Prognose 1: Budgets für digitales Marketing werden für Unternehmen immer interessanter. Digitale Geschäftsmodelle werden ebenso ihren Siegeszug antreten bzw. weiter fortsetzen wie die Unternehmen ihre digitale Präsenz erhöhen und neue entwickeln werden –natürlich speziell auf spezifische Zielgruppen online zugeschnitten.
An Daten wird auch in Zukunft im Marketing kein Weg vorbeiführen
Daten spielen im Marketing eine zentrale Rolle. Die korrekte Auslegung von Daten, das Ziehen der richtigen Schlussfolgerungen heißt, seine eigenen Kundinnen und Kunden und insbesondere ihr Verhalten zu verstehen. Das ist besonders dann enorm wichtig, wenn es in Krisenzeiten zu ungeheuren Verwerfungen im Kundenverhalten gibt. Hier frisst wie so oft, nicht der Große den Kleinen, sondern der Schnelle, der besser Informierte, den Langsamen. Wichtig ist vor allem, dass in einem ersten Schritt Unternehmen überhaupt erst ein Bewusstsein für Daten entwickeln und mit dem Sammeln anfangen. Und da sind wir noch ziemlich am Anfang. Daten zu haben ist dann ja ganz schön, aber ohne eine professionelle Analyse und Auswertung weitestgehend nutzlos. Nur wer seine erhobenen Daten richtig verstehen und interpretieren kann, entwickelt ein detailliertes Verständnis für seine bestehende und nicht zuletzt die zukünftige Kundschaft. Erheblicher Wettbewerbsvorteil inklusive. Nicht erst seit heute sollten Unternehmen ihr Marketing auf Daten stützen und verinnerlichen, ihre Marketing– und Kommunikationsmaßnahmen entsprechend an das Verhalten bestehender und zukünftiger Kunden anzupassen.
Ohne entsprechendes Datenmaterial ist kein Unternehmen der Welt dazu in der Lage, schnell auf externe Veränderungen einzugehen und die richtige Entscheidung zur Erreichung kurz- und langfristiger Ziele zu treffen.
Prognose 2: Es dürfte klar sein, dass in den kommenden Monaten Werbetreibende – so sie die richtigen Schlüsse aus der Corona-Krise ziehen – ihre Marketingstrategie überdenken werden. Und dass der überwiegende Teil zukünftig digitaler, datengesteuerter und technologieorientierter handeln wird, sollte niemanden überraschen. Und das bedeutet auch, dass die Unternehmenskultur dahingehend angepasst wird, denn nur wenn alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mitziehen, kann es zu einem erfolgreichen Kulturwandel kommen.
Marken werden verstärkt auf Digitale Transformation setzen
Prognose 3: Langfristige umfassende Digitale Transformation wird das Ziel sein – nicht mal ein bisschen Alibi-Ad-Tech hier, ein wenig MVP (Minimum Viable Products) dort. Nach der Coronakrise werden Werbetreibende verstärkt versuchen, daten- und technologieorientiert zu agieren.
Interne Reibereien zwischen IT und Marketing werden bzw. sollten der Vergangenheit angehören, denn nur wenn alle Abteilungen an einem Strang ziehen, kann das Unternehmen Digitale Transformation gelingen. Na, das wäre schon eine Auswirkung auf die Kulturveränderung. Sie würden gemeinsam Anders Arbeiten.
Marken müssen tatsächlich kundenzentriert werden
Social Distancing – ob freiwillig oder gezwungenermaßen – bindet viele Konsumentinnen und Konsumenten an die eigenen vier Wände. Das bedeutet: Sie sind isoliert und haben wahrscheinlich ein eher größeres Bedürfnis nach sozialem Kontakt als in Vorcoronazeiten mit seinen normalen Möglichkeiten des Aus- und Weggehens.
Das zeigt sich online: Seit dem Ausbruch der Pandemie hat Facebook etwa einen Zuwachs von gut 70 Prozent allein für Video-Anrufe verzeichnet. Seit vielen Jahren sind Social-Media-Kanäle schon eine gute Möglichkeit für Marken, sich mit Konsumenten zu vernetzen. Gerade jetzt sollten Marken diese Kanäle schlau für sich nutzen und für ihre Community in der heimischen Isolation erreichbar sein. Ob sie Unterstützung anbieten oder einfach nur präsent sind indem sie Gutes tun oder einfach „nur“ für Unterhaltung sorgen.
Ein tägliches Online-Konzert auf Instagram Live hat Jeanshersteller Levi’s gestartet und so sehr schnell einen intelligenten Weg gefunden, seine daheim kasernierten Fans zu unterhalten. Levi’s Markenbotschafter Snoop Dogg, DaniLeigh und Kali Uchis starten jeden Tag dort um 17:01 Uhr ein Konzert. Hier hat Levi’s Marketing schnell, flexibel und digital reagiert.
Der Markenaufbau, das sich um seine Kunden zu kümmern, ist beim Marketing übrigens genau so wichtig wie die Vermarktung und der Absatz von Produkten. Dies ist allein mit traditionellem Marketing so nicht mehr möglich. Nicht nur Marken müssen verstehen wie sich die Bedürfnisse ihrer Kunden laufend verändern und vor allem auch darauf richtig reagieren.
Prognose 4: Werbekunden werden ihre Budgets für Social Media und den Aufbau von Communities deutlich erhöhen. Mehr Geld wird von TV-Werbung auf digitale Kanäle verlagert werden. Achtung: Dennoch muss das Budget ganzheitlich, „holistisch“, „orchestriert“, „360°“ – oder wie immer es in Werberkreisen genannt werden mag – eingesetzt werden und dann vor allem werteorientiert und nachhaltig.
Soziale Verantwortung ist kein hohler Begriff, sondern muss ernst genommen werden
Nur gemeinsam sind wir stark, nur wenn wir gemeinsam auf uns aufpassen, Rücksicht nehmen, haben wir eine Chance, diese Pandemie halbwegs zu überstehen. Das ist wohl eine der wichtigsten Erkenntnisse. Das Coronavirus hat uns gezeigt, dass wir alle im selben Boot sitzen. Jeder von uns hat eine Funktion zu erfüllen und die Verantwortung, das zu tun, was im Interesse der Gesellschaft ist – ob systemrelevant oder einfach nur beim gewissenhaften Beachten der Regeln.
Klar, auch die Werbetreibenden tragen ihr Scherflein dazu bei. Denn sie befinden sich in einer besonderen Position, haben sie doch direkten Kontakt zu den Communitys sowie den Verbraucherinnen und Verbrauchern. Wenn sie diese Stellung richtig nutzen, sich auf die sich ändernden Bedürfnisse und Sorgen ihrer Verbraucher einlassen, dann können sie diese schlussendlich sogar positiv beeinflussen.
Selbst die Telekom, der Riese in Magenta, hat schnell reagiert und vielen seiner Kunden für die Zeit von Corona zehn GB Datenvolumen kostenlos zur Verfügung gestellt. Eine schöne Geste.
Marken, die sich allerdings wenig verantwortungsbewusst verhalten, bekommen recht schnell den Zorn der Öffentlichkeit und damit der Verbraucherinnen und Verbraucher zu spüren. Adidas und andere Riesen bekamen heftigen Gegenwind, als sie sich kurzfristig weigerten, Miete zu zahlen und ruderten dann schnell zurück – allerdings könnte der Ruf der Marken langfristig Schaden genommen haben.
Prognose 5: Das Verbraucherverhalten wird sich wandeln. Folglich wird es auch die Interaktion zwischen Marken und Verbrauchern verändern.